Ziele der Therapie des Diabetes mellitus sind Symptomfreiheit (v. a. Vermeidung von Hypo-/Hyperglykämien), Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und Vermeidung von mikro- und makrovaskulären Komplikationen, u. a. Neuropathien, Retinopathien, Myokardinfarkt und Nierenschäden. Es gibt verschieden Arten von Diabetes mellitus. Beim Typ-1-Diabetes sind die Ursachen oft ungeklärt; eine genetische Prädisposition spielt aber wahrscheinlich eine Rolle. Typ-1-Diabetes tritt in der Regel schon im Kindes- bzw. Jugendalter auf. Es handelt sich um eine Autoimmunreaktion, bei der körpereigene Immunzellen die insulinproduzierenden Betazellen im Pankreas zerstören und so einen Insulinmangel provozieren. Der Typ-2 Diabetes (T2D) manifestiert sich oft erst im Erwachsenenalter. Der Körper entwickelt eine Insulin-Resistenz, die Produktion des Insulins ist verringert und die Zellen zeigen eine geringere Empfindlichkeit gegenüber Insulin. Adipositas, Bewegungsmangel und Fehlernährung sind die wesentlichen vermeidbaren Risikofaktoren des Typ-2-Diabetes [1, 2].
Die Häufigkeit diagnostizierter Diabetes in der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands liegt derzeit bei etwa 9 – 10 %, wobei der überwiegende Teil der Personen (95 %) an einem Typ-2-Diabetes leidet [1]. Im Jahr 2040 werden, bei gleichbleibender Entwicklung der Krankheit, mit jährlich mehr als 600.000 Neuerkrankungen schätzungsweise 11,5 Mio. Menschen in Deutschland die Diagnose Typ-2-Diabetes haben [1].
Neben Lebensstilveränderungen wie Ernährungsinterventionen zur Gewichtsreduktion, Steigerung der körperlichen Aktivität sowie Rauchverzicht als Therapiegrundlage, stehen Medikamente zur Behandlung des Diabetes Mellitus zur Verfügung [1–3]. Patient*innen mit Diabetes Typ 1 benötigen fast immer eine lebenslange Therapie mit Insulin. Bei Insulinen unterscheidet man nach Wirkdauer und Wirkbeginn sowie nach biochemischen Unterschieden wie Human- oder Analoginsulinen [1–3].
Bei Typ-2-Diabetikern wird in der Regel eine Therapie mit oralen Antidiabetika eingesetzt. Sie wirken z. B. hemmend auf die Glukose-Aufnahme aus dem Darm oder regen die Produktion von Insulin in der Bauchspeicheldrüse an. Die Gruppe der oralen Antidiabetika umfasst v. a. Metformin, Sulfonylharnstoffe (Glimepirid u. a.), alpha-Glucosidasehemmer (Acarbose), Natrium (Sodium)-Glucose-Kotransporter-2 (SGLT-2)-Inhibitoren (Gliflozine), Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4)-Inhibitoren (Gliptine) und Insulin-Sensitizer [2, 3]. Neben Insulin gibt es einzelne subkutan injizierbare Antidiabetika, welche die Funktion u. a. des Peptidhormons Glucagon-like Peptide-1 (GLP-1) simulieren (GLP-1-Rezeptoragonisten), welches sich (indirekt) reduzierend auf den Blutzuckerspiegel auswirkt. DPP-4-Hemmer und GLP-1-RA gehören zu der Wirkstoffgruppe der Inkretinmimetika. [2, 3]. SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-RA werden in aktuellen Leitlinien, national und international, für T2D-Patienten mit kardiovaskulären Risiken empfohlen; bei hohem bis sehr hohem Risiko (oder bei Metformin-Unverträglichkeit) sogar als Erstlinientherapie [2, 3].
Aufgrund großer Endpunktstudien (v. a. DAPA-HF und DAPA-CKD bzw. EMPEROR-Reduced/-Preserved) ist der SGLT2i Forxiga® (Dapagliflozin) neben T2D bei Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) sowie chronischer Niereninsuffizienz und Jardiance® (Empagliflozin) neben T2D bei Herzinsuffizienz unabhängig von der EF zugelassen.
Als Saxenda® ist der GLP-1-RA Liraglutid auch zur Behandlung der Adipositas zugelassen. Im Januar 2022 hat der GLP-1-RA Wegovy® (Semaglutid) die Zulassung der EU-Kommission in der Indikation Adipositas erhalten.
Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e. V. (DAPI) hat den Absatz pro 1.000 GKV-Versicherte von Antidiabetika (ATC-Code A10) ausgewertet, welche zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2021 in öffentlichen Apotheken in Deutschland abgegeben wurden. Hierzu wurden die Antidiabetika in die Gruppen Insuline, orale Antidiabetika und sonstige subkutane Antidiabetika eingeteilt.
Insgesamt wurden rund 430 Packungen pro 1.000 GKV-Versicherte in öffentlichen Apotheken abgegeben. Dabei handelte es sich größtenteils um orale Antidiabetika, mit ca. 260 Packungen pro 1.000 GKV-Versicherte. Rund 150 Packungen waren Insulin-Präparate und rund 30 Packungen pro 1.000 GKV-Versicherte waren sonstige subkutane Antidiabetika. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Absatz aller Antidiabetika pro 1.000 GKV-Versicherte um 3,6 %.
[1] Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und Deutsche Diabetes-Hilfe, Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2023 - Die Bestandsaufnahme, www.diabetesde.org/system/files/documents/gesundheitsbericht_2023_final.pdf.Letzter Zugriff 15.11.2022
[2] Deutsche Diabetes Gesellschaft, S2k-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter 2. Auflage, www.ddg.info/fileadmin/user_upload/05_Behandlung/01_Leitlinien/Evidenzbasierte_Leitlinien/2018/LL_Alter_Gesamtdokument_20180713.pdf, 13.07.2018, Letzter Zugriff 15.11.2022
[3] Ludwig W.-D., Mühlbauer B., Seifert R. (Hrsg.), Arzneiverordnungs-Report 2021. S 241–260. link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-63825-5. Letzter Zugriff 15.11.2022