40.000 Patienten von potentieller Nebenwirkung nach Glucocorticoid-Inhalation betroffen
01.11.2010 - Eschborn Schüssel K
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Im Jahr 2009 erhielten 40.000 Patienten Mittel zur Behandlung von lokalen Pilzinfektionen bis zu 30 Tage nach einer Verordnung über ein inhalatives Glucocorticoid.

Inhalative Glucocorticoide (inhalative Corticosteroide, ICS) sind vor allem indiziert zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Atemwegserkrankungen wie beispielsweise Asthma bronchiale [1]. ICS sind in der nationalen Versorgungsleitlinie bereits ab Stufe 2 der Therapieeskalation Mittel der ersten Wahl, wenn die Erkrankung nicht allein durch Anwendung von Bedarfsmedikation kontrolliert werden kann [1]. Durch ICS verbessern sich u. a. die Lungenfunktion und die Krankheitskontrolle [2]. Allerdings können unter der Anwendung von ICS in einigen Fällen unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) auftreten. Eine davon ist ein lokaler Pilzbefall (Candidiasis), der durch die Wirkung der Glucocorticoide bei Ablagerung im Mund-Rachenraum im Rahmen der Inhalation verursacht wird. Das DAPI hat das Auftreten dieser UAW anhand von Arzneimittelabrechnungsdaten ermittelt. Dazu wurden jeweils in den Jahren 2005 bis 2009 die Anzahl Patienten ermittelt, die eine Verordnung über ein ICS erhielten, und im Zeitraum von bis zu 30 Tagen später eine Verordnung über ein lokal im Mund/Rachenraum anzuwendendes Antimykotikum. Im Jahr 2009 wurden ICS für etwas mehr als 3 Millionen Patienten verordnet. Davon erhielten 40.000 Patienten (entspricht ca. 1 %) bis zu 30 Tage später ein Antimykotikum, welches zur lokalen Behandlung einer Pilzinfektion eingesetzt werden kann. Die Nebenwirkungsraten liegen damit relativ niedrig. Allerdings darf in der vorliegenden Auswertung nicht vergessen werden, dass unter Umständen der Antimykotikaverbrauch der Patienten nicht vollständig erfasst wurde (z.B. Fehlen der Informationen zur Selbstmedikation). Des Weiteren kann die niedrige Nebenwirkungsquote auch mit einer niedrigen Compliance bei ICS assoziiert sein [3]: Werden ICS nur selten oder zu niedrig dosiert angewendet, ist auch ein niedriges Risiko für UAW zu erwarten. Bei der Betrachtung der Nebenwirkungsrate differenziert nach den verschiedenen Inhalationssystemen (Dosieraerosol, Pulverinhalator, Vernebler) zeigten sich deutliche Unterschiede (siehe Abbildung): So war die Häufigkeit für die untersuchte Kombination der Arzneimittelverordnungen als Näherungsmaß für das Auftreten der UAW bei Patienten, die Vernebler zur Applikation der ICS einsetzten, mit 2,3 % deutlich größer als bei Dosieraerosolen mit 1,4 % oder Pulverinhalatoren mit 1,2 %. Insgesamt kann anhand der vorliegenden Daten davon ausgegangen werden, dass die UAW Candidiasis bei der Anwendung von inhalativen Glucocorticoiden mit 1-2 % der behandelten Patienten relativ selten ist, wobei allerdings von einer gewissen Unterschätzung ausgegangen werden kann (z. B. nicht erfasste Selbstmedikation, niedrige Therapietreue). Da in den Untersuchungen der VITA-Studie aus Deutschland bekannt ist, dass Anwendungsfehler bei inhalativen Darreichungsformen bei 3 von 4 Patienten vorkommen, und diese bereits durch eine einmalige Intervention durch Apotheker unter Demonstration der Inhalationstechnik um 65 % reduziert werden können [4], liegt hier ein großes Potential, die Nebenwirkungsraten zu verringern. Insbesondere bei jeder Neueinstellung, jedem Wechsel der Darreichungsformen und bei Kindern sollte eine entsprechende Beratung stattfinden [1]. Da die Nebenwirkungsraten anhand der DAPI-Auswertung bei Verneblern besonders hoch sind, sollte hier das spezifische Augenmerk auf die Information der Patienten zur richtigen Anwendung der Geräte und Inhalationstechnik liegen. Des Weiteren kann diese Nebenwirkung vermieden werden, wenn nach der Inhalation eine Mundspülung oder eine Mahlzeit erfolgt [1].


[1] Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma, 2. Auflage. 2009 (zuletzt geprüft am 1.11.2010).
[2] Adams N.P. et al.: Inhaled beclomethasone versus placebo for chronic asthma. Cochrane Database Syst Rev 2005 (1): CD002738.
[3] Hasford J. et al.: Persistence with asthma treatment is low in Germany especially for controller medication - a population based study of 483,051 patients. Allergy 2010, 65(3): 347-54.
[4] Hämmerlein A. et al.: Pharmacist-led intervention study to improve inhalation technique in asthma and COPD patients. J Eval Clin Pract 2010 Aug 30. [Epub ahead of print].