Im Jahr 2021 wurden 172 % mehr Entlassrezepte zu Lasten der GKV abgerechnet als im Jahr 2018.
01.09.2024 Gradl G
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Lücken in der Arzneimittelversorgung bei Entlassung von Patienten aus dem Krankenhaus bergen das Risiko für Nonadhärenz, unerwünschte Wirkungen und eine erneute Hospitalisierung. Die Verordnung von insbesondere neu angesetzten Arzneimitteln bei Entlassung kann dazu beitragen, Versorgungslücken zu schließen, die Adhärenz zu verbessern und das Rehospitalisierungrisiko zu reduzieren [1]. Seit Ende 2017 ist es Krankenhausärzten in Deutschland erlaubt, bei Entlassung Rezepte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auszustellen [2]. Arzneimittel auf Entlassverordnungen waren zunächst gemäß Rahmenvertrag Entlassmanagement und Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Form der kleinsten Packungsgrößen zu verordnen und die Entlassrezepte innerhalb von drei Werktagen zu beliefern [3, 4]. Im Rahmen der Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie wurden sowohl die Verpflichtung zur Abgabe von Packungen mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen ausgesetzt als auch die Einlösefrist auf sechs Werktage verlängert [5, 6]. Beide Ausnahmeregelungen sind inzwischen nicht mehr in Kraft.
Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e. V. (DAPI) hat die Abgaben von auf Entlassrezepten zu Lasten der GKV verordneten Arzneimitteln im Zeitraum 2018 bis 2021 ausgewertet. Die Anzahl der Entlassrezepte nahm von 2018 bis 2021 um 172 % zu (von 0,73 auf 1,98 Millionen). Im Jahr 2021 betrug der Anteil an Entlassrezepten an allen Rezepten 0,4 %. Zu den im Untersuchungszeitraum am häufigsten auf Entlassrezepten verordneten Wirkstoffen gehörten Metamizol (im Mittel 11 %), Pantoprazol (10 %), Enoxaparin und Ibuprofen (je 6 %). Am häufigsten wurden N1-Packungen abgegeben (80 %). Nach Einführung der COVID-19-Ausnahmeregelungen war dieser Anteil mit 77 % etwas geringer. Die meisten Entlassrezepte wurden vor und nach Einführung der COVID-19-Ausnahmeregelungen innerhalb von maximal 3 Tagen eingelöst (94 % / 90 %).
Die Original-Publikation zu der besagten Auswertung wurde in Kooperation mit dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e. V. (ADKA), der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), der Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen und der Inneren Medizin IX – Abteilung für Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie an der Universität Heidelberg/Medizinische Fakultät – Universitätsklinikum Heidelberg in der Fachzeitschrift „Deutsches Ärzteblatt International“ veröffentlicht [7].


[1]    Comer D, Goldsack J, Flaherty J, et al.: Impact of a discharge prescription program on hospital readmissions and patient satisfaction. J Am Pharm Assoc (Wash) 2017; 57: 498–502.e1.
[2]    Kassenärztliche Bundesvereinigung: Rahmenvertrag Entlassmanagement, verfügbar unter: www.kbv.de/media/sp/Rahmenvertrag_Entlassmanagement.pdf (letzter Zugriff: 05.08.2024).
[3]    Gemeinsamer Bundesauschuss: Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung, in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22.Januar 2009, in Kraft getreten am 1. April 2009, zuletzt geändert am 17. Juli 2024, verfügbar unter: www.g-ba.de/richtlinien/3/ (letzter Zugriff: 05.08.2024).
[4]    Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Packungsgrößen. Verfügbar unter: www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelinformationen/Packungsgroessen/_node.html jeweils aktuelle Version zum Download Anlage 1 (letzter Zugriff: 05.08.2024).
[5]    SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung: Verfügbar unter www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/
Gesetze_und_Verordnungen/GuV/A/SARS-CoV-2-AMVersorgVO_Bgbl.PDF (letzter Zugriff: 2.8. 2024).
[6]    Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Verlängerung der Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie betreffend die §§ 8, 9 und 11 AM-RL (BAnz AT 29.06.2020 B6). Verfügbar unter: www.bundesanzeiger.de/pub/de/amtliche-veroeffentlichung  (Letzter Zugriff:  05.06.2023).
[7]    Hilgarth H, Gradl G, Metzger NM, Dörje F, Schulz M, Wolf C, Seidling HM, on behalf of the ADKA-DPhG Working Group on Discharge Management/Discharge Prescriptions: The utilization of discharge prescriptions in Germany—an overview for the years 2018–2021. Dtsch Arztebl Int 2024; 121: 539–40. DOI: 10.3238/arztebl.m2024.0095.