Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel (Biologika oder Biopharmazeutika) spielen eine immer größere Rolle in der Therapie von Erkrankungen wie Diabetes, rheumatoider Arthritis oder in der Krebstherapie [1]. Zu ihnen zählen Hormone wie Insulin, Impfstoffe, Antikörper, Entzündungshemmer oder Gerinnungsfaktoren. Im August 2020 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in der Arzneimittel-Richtlinie Hinweise für eine wirtschaftliche Verordnungsweise von Biologika veröffentlicht. Demgemäß sollen Patient*innen vorzugsweise auf preisgünstige Biopharmazeutika eingestellt werden, wozu in erster Linie eine Einstellung auf die betreffenden Rabattarzneimittel gehört [2]. Weiterhin zählen nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Verordnungsweise auch Umstellungen zwischen Referenzarzneimitteln und Biosimilars1), was bislang als unbedenklich angesehen wird [3]. Ab 16. August 2022 war die automatische Substitution von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln in der Apotheke vorgesehen – ähnlich der Vorschriften für den Austausch bei Generika. Grundlagen dafür wurden im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) im Jahr 2019 geschaffen. Die konkreten Regelungen für den Austausch in den Apotheken sollte der G-BA bis August 2022 beschließen [4]. Inzwischen sieht der diesbezügliche aktuelle Kabinettsbeschluss des Bundesgesundheitsministeriums vor, dass der G-BA für seine Entscheidung ein Jahr mehr Zeit hat. Die automatische, rabattvertragsgetriebene Substitution in der Apotheke wird von vielen Seiten sehr kritisch betrachtet [5, 6].
Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e.V. (DAPI) ist der Frage nachgegangen, wie hoch die Absätze und Umsätze der Biosimilars und Bioidenticals2) sowie der Referenzarzneimittel bei den Biopharmazeutika zulasten der gesetzlichen Krankenversicherungen in den Jahren 2019 bis 2021 waren (siehe Tabelle). Weiterhin wurden die Umsätze der Biopharmazeutika, Biosimilars und Bioidenticals sowie der Referenzarzneimittel ermittelt, für die Rabattverträge bestanden. Im Jahr 2021 wurden 17,7 Mio. Packungen Biopharmazeutika in deutschen Apotheken abgegeben. Davon waren 15 % der Packungen Biosimilars oder Bioidenticals (2,6 Mio.), von denen 89 % rabattiert waren (2,3 Mio. Packungen). Der Anteil an Rabattarzneimittelabgaben bei den Biosimilars und Bioidenticals hat damit im Vergleich zu den 84 % des Jahres 2019 leicht zugenommen. Die Absatzwerte für die Biosimilars und Bioidenticals stellen eine deutliche Steigerung gegenüber dem Jahr 2019 dar, in dem deren Anteil am Absatz der Biopharmazeutika noch 11 % betrug (1,8 Mio. Packungen).
1) Ein Biosimilar ist ein Nachahmerpräparat eines Biopharmazeutikums und gilt zu diesem als wirkstoffähnlich. In Bezug auf Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität sollen keine klinisch relevanten Unterschiede zum Referenzprodukt (in der Regel der Originator) bestehen.
2) Ein Bioidentical ist ein biotechnologisch hergestelltes Arzneimittel, das identische Ausgangsstoffe hat wie sein Referenzarzneimittel und außerdem demselben Herstellungsprozess unterliegt und somit mit diesem „bioidentisch“ ist.
[1] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), https://www.gesundheitsinformation.de/biologika-und-biosimilars.html, letzter Zugriff 28.06.2022
[2] Arzneimittel-Richtlinie/AM-RL in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22.Januar 2009, zuletzt geändert am 19. Mai 2022, https://www.g-ba.de/richtlinien/3/, letzter Zugriff 28.06.2022
[3] Wolff-Holz E, Weise M. Biosimilars in der EU: Bestandsaufnahme und neue Herausforderungen. Bundesgesundheitsbl 2020;63:1365–1372, doi: 10.1007/s00103-020-03225-5
[4] Sucker-Sket K, Biosimilar-Austausch: G-BA leitet Stellungnahmeverfahren ein. DAZ online 14.04.2022, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/04/14/biosimilar-austausch-g-ba-leitet-stellungnahmeverfahren-ein, letzter Zugriff 28.06.2022
[5] Osterloh F. Biosimilars: Breite Front gegen die Substitution. Dtsch Arztebl 2022; 119(8): A-326 / B-267
[6] Stellungnahme der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) zur vorgesehenen Rabattvertrags-gesteuerten „automatischen Substitution“ von Biologika/Biosimilars in öffentlichen Apotheken vom 2. März 2022, https://www.abda.de/fuer-apotheker/arzneimittelkommission/amk-nachrichten/detail/10-22-information-der-institutionen-und-behoerden-amk-stellungnahme-zur-vorgesehenen-rabattvertrags-gesteuerten-automatischen-substitution-von-biologika-biosimilars-in-oeffentlichen-apotheken/#:~:text=AMK%20%2F%20Die%20Arzneimittelkommission%20der%20Deutschen,Biosimilars%20in%20%C3%B6ffentlichen%20Apotheken%20ab., letzter Zugriff 08.09.2022